Fragen und Antworten
zur Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge
Warum kommen so viele Flüchtlinge zu uns?
Die meisten Flüchtlinge in Sachsen kommen aus Syrien (24%), Tunesien, Libyen und Eritrea1, also aus Weltregionen, in denen Bürgerkrieg, Verfolgung oder Not herrschen bzw. aus Ländern mit gescheiterter Staatlichkeit. 51,2 Millionen Menschen sind weltweit auf der Flucht. Die meisten Flüchtlinge finden übrigens in Nähe zum Krisengebiet Aufnahme. 9 von 10 Flüchtlingen leben in Nachbarländern und -regionen.
Was ist eine Erstaufnahmeeinrichtung?
Kommen Asylbewerber/innen nach Deutschland, werden sie zunächst in einer Erstaufnahmeeinrichtung untergebracht. Sie werden in dieser Zeit registriert und über ihre Fluchtgründe vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge befragt. Diese Zeit dient zudem der ersten Orientierung der oftmals traumatisierten Flüchtlinge. Es wird ihnen erlaubt, bis zur endgültigen Entscheidung über den Asylantrag in Deutschland zu bleiben. Ihre Unterbringung sowie die Betreuung in den ersten Wochen ist eine Landesaufgabe.
Die Zeitdauer, die ein Flüchtling in der Erstaufnahmeeinrichtung verbringt, soll höchstens drei Monate betragen.
Warum kommt die Erstaufnahmeeinrichtung des Freistaates gerade hier her?
Die Standortentscheidung liegt in der Verantwortung des Freistaates. Bisher gab es eine Erstaufnahmeeinrichtung in Chemnitz. Trotz Außenstellen reichen die Kapazitäten nicht mehr aus. Der Freistaat Sachsen hat daher entschieden, zusätzlich zu Chemnitz weitere Erstaufnahmeeinrichtungen in Dresden und Leipzig zu eröffnen. Es liegt auf der Hand, dass bei einer wachsenden Zahl von Flüchtlingen die großen Städte des Freistaates Sachsen bei der Standortwahl eine zentrale Rolle spielen.
Wieso wird eine Massenunterkunft eingerichtet, während die Stadt Leipzig sich gleichzeitig zur dezentralen Betreuung der Asylbewerber/innen bekennt?
Nach der Erstaufnahmephase werden die Flüchtlinge nach einer festgelegten Quote auf die Städte und Landkreise verteilt. Erst ab diesem Zeitpunkt verfügt die Stadt über Einflussmöglichkeiten auf die Unterbringung und Betreuung.
Dafür hat die Stadt ein Konzept zur dezentralen Unterbringung und guten sozialen Betreuung beschlossen, da dies ein besseres Zusammenleben in der Stadtgesellschaft ermöglicht.
Erstaufnahme in einer Sammelunterkunft und die in Leipzig angestrebte dezentrale Unterbringung sind deshalb verschiedene Zeitphasen im Asylverfahren. Unterkunft und Versorgung der Asylbewerber/innen sind kommunale Pflichtaufgaben.
Wie leben die Asylbewerber/innen?
Für Asylbewerber/innen in Sachsen besteht innerhalb der ersten drei Monate grundsätzlich die Residenzpflicht. Das bedeutet, dass sie sich während dieser Zeit nur in einem bestimmten Bereich in Sachsen frei aufhalten können. Für Flüchtlinge in Leipzig sind dies die Stadt sowie die Landkreise Leipzig und Nordsachsen. Sie dürfen dieses Gebiet nur mit Zustimmung der Ausländerbehörde verlassen.
Seit Ende 2014 dürfen Asylbewerber/innen und Geduldete bereits nach einer Wartefrist von drei Monaten arbeiten. Auch danach ist die Chance, eine Arbeit zu finden, sehr gering. Eine Arbeitserlaubnis ist nur möglich, wenn kein Deutscher, EU-Bürger oder Ausländer mit Arbeitserlaubnis auf die Stelle vermittelt werden kann.
Davon ausgenommen sind Hochschulabsolvent/innen und andere Fachkräfte in bestimmten Engpassberufen. Nach 15 Monaten in Deutschland entfällt diese Vorrangprüfung für die Asylsuchenden.
Asylbewerber/innen haben keinen Anspruch auf die für Deutsche üblichen Sozialleistungen, sondern erhalten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Das entspricht den Grundleistungen für Ernährung, Kleidung und Körperpflege.
Die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz waren seit 1993 nicht erhöht worden und lagen etwa ein Drittel unter dem Leistungsniveau des Arbeitslosengeldes II. Erst nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 18.07.2012 wurden die Leistungen annähernd auf ALG II – Niveau angehoben.
Insbesondere haben Asylbewerber/innen keinen regulären Zugang zum Gesundheitssystem. Sind sie krank, müssen sie beim zuständigen Sozialamt einen Behandlungsschein beantragen und können erst dann zur Akutbehandlung einen Arzt aufsuchen.
Welche Asylbewerber/innen werden als Flüchtlinge anerkannt?
Die individuelle Verfolgung muss gegeben sein. Dies muss im Asylverfahren glaubhaft dargestellt werden. Dazu ist verständlicherweise nicht jeder Flüchtling in der Lage.
Wir können aber Menschen nicht in Bürgerkriegsländer zurückschicken. Ebenso ist es nicht denkbar, Menschen abzuweisen, wenn ihnen nach ihrer Rückkehr politische Verfolgung droht. Anerkannte Kriegsflüchtlinge erhalten eine Aufenthaltserlaubnis, scheitert aber der Flüchtling an den hohen formalen Anforderungen des deutschen Asylrechtes, bleibt noch die Möglichkeit der Erteilung einer Duldung.
Schwierig ist im Übrigen die Verfolgungssituation von Menschen bei nicht-staatlichen Bürgerkriegsparteien und Bewegungen, so beispielsweise durch den IS im Irak und in Syrien zu beurteilen. Auch eine „alleinige“ Diskriminierung von Bevölkerungsgruppen aus ethnischen, kulturellen und religiösen Gründen oder aufgrund ihrer sexuellen Orientierung ist nicht immer eine ausreichende Begründung für eine Asylgewährung. Der Erfolg eines Asylverfahrens hängt hier zumeist von der gerade aktuellen politischen Situation zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesamtes oder Gerichtes ab.
Warum gibt es in Deutschland das Asylrecht?
Das Asylrecht ist ein Menschenrecht. Es wurde in das Grundgesetz aufgenommen als Konsequenz des Nationalsozialismus, als viele Deutsche vor der Nazidiktatur fliehen mussten und in anderen Ländern Zuflucht gefunden haben. Wie die anderen Menschenrechte auch gehört das Asylrecht zum Wesenskern unserer unveränderlichen Grundrechte.
Zum Schutz politisch Verfolgter hat sich die Bundesrepublik zudem durch EU-Verträge und die Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet.
Wie viel Asylbewerber/innen gibt es in Leipzig?
Zurzeit leben 2.500 Flüchtlinge in Leipzig (Stand Anfang Februar 2015). 1.232 kamen im Jahr 2014 neu an. Nach einem bundesweit geltenden „Königsteiner Schlüssel“ nimmt Sachsen 5,1% aller Flüchtlinge auf, die in Deutschland neu Asyl beantragen. Auf die Stadt Leipzig entfallen davon knapp 13%*.
* Quelle: 2015 Stadt Leipzig. Jugend, Familie und Soziales. Ausländer und Migranten. Flüchtlinge in Leipzig
Was will die Initiative Weltoffenes Gohlis?
Die Initiative Weltoffenes Gohlis ist ein Zusammenschluss Leipziger Bürger/innen und Gruppen unterschiedlicher politischer und religiöser Orientierung. Wir setzen uns für ein friedliches Zusammenleben in unserem Stadtteil und einen demokratischen Dialog in der Gesellschaft.
Die Initiative Weltoffenes Gohlis vereint engagierte Menschen, Gruppen und Parteien, deren Ziel ein friedliches und respektvolles Miteinander von Menschen unterschiedlicher Herkunft im Leipziger Norden ist.
Wir heißen die Menschen, die aus Krieg, Not, Unterdrückung und Verfolgung nach Deutschland geflohen sind, willkommen. Dies gilt insbesondere für die Asylsuchenden, die künftig in der vom Freistaat Sachsen geplanten Erstaufnahmeeinrichtung in der Max-Liebermann-Straße leben werden. Wir setzen uns für ihre menschenwürdige Unterbringung ein. Das schließt eine angemessene soziale Betreuung ein.
Durch Information, Offenheit und Dialog möchten wir Verunsicherung und Ängste aufnehmen und abbauen.
Hass und Rassismus werden wir gewaltfrei, aber entschieden entgegentreten.
Jede und jeder ist herzlich eingeladen, sich mit uns für ein weltoffenes Leipzig zu engagieren.